Sonntag, 13. April 2008

Der vergessene "Hinkelstein" von Mainz-Laubenheim


















Mainz (mainz-wiesbaden-news) – Ein mannshoher, tonnenschwerer und keilförmiger Menhir aus grauer Vorzeit, der lange Zeit unbeachtet im ebenen Laubenheimer Ried bei Mainz-Laubenheim lag, erhält eine neue Heimat. Dieser so genannte „Hinkelstein“ soll um rund 30 Meter versetzt und dann am Rand eines vorbeiführenden Weges gut sichtbar für Spaziergänger aufgestellt werden.

Der Menhir besteht aus Kalkstein aus der Übergangszeit von der erdgeschichtlichen Epoche des Oligozän zum Miozän vor etwa 23 Millionen Jahren. Er ist grob behauen und weist keinerlei Bilder oder Zeichen auf.

Man weiß nicht, wann das eindrucksvolle Steinmal erstmals ins Laubenheimer Ried transportiert und dort errichtet wurde. Die ältesten Menhire – auch „Hinkelstein“ genannt – kennt man bereits aus der jüngeren Steinzeit vor mehr als 6000 Jahren. Nach Ansicht des Mainzer Archäologen Dr. Detert Zylmann hatte der Laubenheimer Menhir ursprünglich eine kultisch-religiöse Bedeutung.

Der Menhir aus dem Laubenheimer Ried wurde bereits in den 1870-er Jahren vermutlich beim Pflügen in der heutigen Flur „In den Karpfenwiesen", einem verlandeten Rheinarm, entdeckt und freigelegt. 1928 beschrieb Dr. Georg Durst, der damalige Leiter des Museums Alzey, einen „pyramidalen Kalksteinblock“ im Laubenheimer Ried, den er als Erster als Menhir identifizierte.

Bis 1870 diente dieser Menhir als Grenzstein zwischen den Laubenheimer Wiesen und der „Kuhweide“, einer Enklave des Dorfes Hechtsheim. Bei einer Bodenheimer Flurbereinigung um 1971 wurde der „Hinkelstein“ von seinem ursprünglichen Fundort entfernt. Auf diese Weise gelangte er etwa 120 Meter weiter rheinwärts.

Im Frühjahr 1973 erfolgte eine Flurbegehung unter Leitung des Laubenheimer Lehrers und Heimatforschers Adam Leineweber. Damals sollte geklärt werden, ob es sich bei dem Stein im Laubenheimer Ried um den 1928 von Dr. Durst erwähnten Menhir handelt. Dabei konnte auch die Vermutung widerlegt werden, dass es sich um Abraum handelt. Einer der Teilnehmer der Begehung berichtete, dass er zwar Abraum in der Nähe des Steins abgeladen habe, aber nicht diesen Stein selbst.

Der Menhir befand sich abseits der von Spaziergängern benutzten Wege im Laubenheimer Ried, lag auf der Seite und war von Moos und Gräsern überwuchert. Das konnte man am 12. April 2008 in der „Mainzer Rhein-Zeitung“ lesen. Deswegen wusste fast niemand von der Existenz des "Hinkelsteins".

Menhire kennt man von verschiedenen Lokalitäten in Rheinhessen (z. B. Alzey, Dexheim, Flonheim, Nackenheim, Nierstein). Der Archäologe Dr. Zylmann beschrieb „Hinkelsteine“ in seinem 2003 erschienenen und inzwischen vergriffenen Buch „Das Rätsel der Menhire“ mit folgenden Worten:

„Der Ausdruck „Menhir“ ist eine bretonische Bezeichnung keltischen Ursprungs für ein hochkantig aufgerichtetes Steinmal. Er bedeutet „Langer Stein“ (men = Stein, hir = lang) und fand bereits Ende des 18. und zu Beginn des 19. Jahrhunderts als wissenschaftlicher Begriff Eingang in die archäologische Fachliteratur Frankreichs. Schon sehr bald wurde diese Bezeichnung auch für ganz Europa übernommen. Der volkstümliche Name, der insbesondere im westdeutschen Raum gebräuchlich ist, lautet „Hinkelstein“. Bereits im Mittelalter findet sich der Name „Hinkelstein“, eine missverstandene Ableitung des Wortes „Hünenstein“ (= Riesenstein) über „Hühnerstein“ zum mundartlichen „Hinkelstein“. Daneben kennen wir Bezeichnungen wie „Langer“, „Breiter“, „Hoher“, „Spitzer“ oder „Dicker Stein“, um nur die häufigsten zu nennen.

Menhire sind meist freistehend, einzeln, in Kreisen oder in Reihen angeordnet. Sie können künstlich in Form gebracht oder unbearbeitet sein. Einige sind verziert mit Mustern und Spiralen, menschlichen Darstellungen und Gerätschaften, die eine zeitliche Einordnung erleichtern. Von den Findlingen - während der Eiszeit verschleppte Felsbrocken - unterscheiden sich die Menhire dadurch, dass sie bewusst vertikal in der Erde verankert wurden. Sie sind in der Regel höher als breit. Auch ihre Lage im Gelände weicht von der der Findlinge ab. Menhire sind bevorzugt an Orte wie Berghänge, natürliche Anhöhen, Wegesränder oder an Wasserstellen und Bachläufen verbracht worden, immer in freier Flur und von weither sichtbar.“